Tag 1 – Besuch!

Ich kriege Besuch!

Julians Flug landet morgen früh um kurz nach Mitternacht in Yerewan. Damit stattet der mir das zweite mal auf meiner Reise einen Besuch ab.

Diesmal nicht ganz eigennützig, spielt er außerdem noch Postboten für mich. Neben dem heiß ersehnten carnet de passages gibt es einen Beutel mit allerlei Krempel aus dem Netz. Allen voran ein neues Paar Kletterschuhe und die Taste „K“, die mir vor ein paar Wochen aus der Tastatur gebrochen ist. (Dummerweise kann man Ersatz-Tasten für das Surface Cover ausschließlich online und nur in den Staaten bestellen…)

 

Ich schaue mir noch einmal an, ob der Flieger denn Pünktlich ist und mache mich dann voller Vorfreude und in Strömendem Regen auf in Richtung Flughafen.
Nach kurzer Wartezeit kommt Julian mit etwa 20 Taschen aus dem Gate und schaut verwirrt durch die Gegend, bis ich mich erkenntlich Zeige.
Unser erster gemeinsamer Abend in Yerewan ist auch gleichzeitig der Letzte in der Stadt. Entsprechend sind wir bis früh in die Morgenstunden wach, erleben eine Kompaktfassung vom Nachtleben und dürfen dann wenige Stunden Später ziemlich verschlafen aus dem Hostel auschecken.

Inzwischen kenne ich mich recht gut mit Yerewan und der Geschichte des Landes aus, sodass es eine kleine Stadtführung gibt mit leckerem Armenischen Mittagessen am Ende.

Dann packen wir das Auto ein wenig um und sind Bereit loszufahren.

 

In der Abenddämmerung erreichen wir das Kloster Chor Virab. Mit einem leicht verschleierten Mt. Ararat im Hintergrund eignet sich das Kloster wunderbar als erstes ordentliches Testmotiv für Julians neuste Errungenschaft: die Nikon Z7, die uns Nikon netterweise zum Testen für die Reise mitgegeben hat.

Insgesamt haben wir also drei Kameras, zwei Stative und insgesamt elf Objektive mit.
Der Großteil der Ausrüstung ist natürlich nicht von mir. Ähnlich wird es jetzt mit dem Großteil der Fotos laufen, die werden in den nächsten zwei Wochen vor allem von Julian geschossen, sodass ich mich aufs schreiben und, viel wichtiger, aufs Fahren konzentrieren kann. Insgesamt haben wir in den zwei Wochen gute 3.000 km geplant, die uns am Ende bis auf die Insel Qeshm, im Süden vom Iran führen sollen.

 

Von dem Kloster aus haben wir eine scheinbar gute Schlafstelle entdeckt, die wir nach kurzem Besuch eines Kaufladens anfahren. Der Weg führt uns runter von der Straße auf einen holprige Schotterpiste, vorbei an einem verlassenen Baukontainer und zwischen zwei Ackern hindurch. Es wird ein bisschen rutschig unter den Reifen, aber wir denken uns nichts dabei.
Der Weg wird aber immer Schlammiger und wir beschließen, dass das hier gerade zu einer Sackgasse geworden ist.
Zu Spät.
Beim Rückwärtsfahren rutsche ich immer weiter zur Seite und schließlich so weit ab vom Weg, dass ich mich festsetze.
Es geht hin und her, aber jeder Versuch wieder rauszukommen resultiert wahlweise in einem tieferen Loch, oder dem weiteren Verlassen der Spur.
Scheiße!
Das nächste Dorf ist immerhin nicht sehr weit weg und irgendjemand hat da bestimmt einen Trecker, der uns gerade wirklich helfen könnte.

 

Auf dem Weg zurück über die Matschige Straße kommen wir wieder an dem verfallenen Baucontainer vorbei. Nur dass diesmal ein Auto davor Parkt und aus einem Schlitz ein Licht auf uns fällt.
Die Tür geht auf und uns schaut ein verwirrtes, aber freundliches Gesicht entgegen.

Wir machen mit Händen und Füßen klar, was uns passiert ist und werden daraufhin erstmal freundlich eingeladen und von ein paar stämmigen Armeniern herzlich und lachend Begrüßt.
So richtig Englisch kann keiner von denen, aber das immer noch deutlich besser, als unser Armenisch.
Neben zwei Sitzplätzen wird uns ein Zug aus der selbstgebastelten Bong angeboten, was wir aber dankend ablehnen. Soweit die Jungs das Wissen, wollen wir heute Abend noch zum Iran und können uns das nicht leisten.
Ist vielleicht auch ganz gut so, denn so matsche, wie die gerade werden, knallt das Zeug bestimmt ganz ordentlich.
Trotzdem hören die uns aus und geben sich alle Mühe, einen Traktor für uns zu organisieren. Es wird viel telefoniert und gelacht, für die ist Situation bestimmt genau so aufregend wie für uns.
Glücklicherweise haben wir gerade Schokolade eingekauft, die wir auch direkt mit unseren neuen Freunden teilen können. Das Bier holen wir lieber nicht raus.

Der Kontainer wird unterdessen immer voller, unsere Gastgeber ebenso.

Wir laufen nochmal gemeinsam mit ein paar von denen zum Auto und verquatschen uns die Zeit, bis man dann einen lauten Dieselmotor hören kann.

Wenige Minuten später haben wir wieder Schotter unter den Reifen.

Wir freuen uns riesig und sagen unseren Gastebern danke und auf Wiedersehen.

Geld möchte keiner von denen annehmen, nichtmal die zwei, die extra hierfür mit dem Trekker hergekommen sind.

Weiter geht’s.

 

Wir möchten wirklich ungerne in dem Gebiet weiter nach einem Zeltplatz suchen und fahren noch einige Kilometer weiter in Richtung Süden.

Eine angeleuchtete Felswand hebt sich vom Rest der pechschwarzen Berge ab und markiert den Eingang zur Noravank Monastery Road, die so aussieht, als könnte man hier gut einen Zeltplatz finden.
Tatsächlich geht wenige Kilometer weiter ein kleiner Feldweg ab, der durch einen Fluss zu einem perfekten Platz führt.
Diesmal wird der Weg allerdings vorher abgegangen, bevor wir es wagen mit dem Auto rüberzufahren.
Der Boden macht aber einen ordentlichen Eindruck und wenige Minuten später sind wir schon dabei das Zelt unmittelbar neben dem Auto aufzubauen.

Jetzt können wir auch endlich das Bier öffnen und den Tag revue passieren lassen.
Noch keine 24 Stunden sind vergangen, seit Julian in Armenien gelandet ist.
Wenn das in der Frequenz weiter geht, dann werden das sehr ereignisreiche zwei Wochen und wir brauchen danach definitiv erstmal Urlaub!