Moskau – Part 1

Also strenggenommen sollte der Titel lauten „Dinge, die in der näheren Umgebung von Moskau passiert sind, aber nichts mit der Stadt im eigentlichen Sinne zu tun haben“, Aber das ist nicht so einprägsam :P.

 

Nachdem ich in Veliky Novgorod losgefahren bin, habe ich wenige Kilometer weiter einen Anhalter aufgegabelt, der ziemlich glücklich darüber war, dass ich nach Mosaku fahre, seinem Zielort.

Ich habs nicht übers Herz gebracht den frühzeitig rauszuwerfen, habe aber gleichzeitig gelernt: „Augen auf, bei der Anhalterwahl“. Stellt sich raus: Wer komisch aussieht, ist auch komisch.

Jedenfalls hat der Typ geschlagene vier Stunden ausschließlich über sich selbst geredet und nur unfassbar uninteressante Sachen. Ich hab ein bisschen versucht den Monolog in eine interessante Richtung zu lenken, irgendwann hab ich dann aber aufgegeben und auf Durchzug geschaltet.

Der hatte allerdings Spaß (glaub ich zumindest, ich hab ja versucht wegzuhören).

Nach ein paar Stunden Grundrauschen hab ich ihn dann in Moskau bei der nächsten Metrostation rausgeworfen, die mein Navi gefunden hat. Endlich, Ruhe!

Ich bin ein bisschen in der Gegend rumgegurkt und habe einen optimalen Platz für die Nacht gefunden. In der Nähe war noch eine Pizzeria und Pizza geht ja eigentlich immer, vor allem gepaart mit einem frischen Bier.

Ich bin am Morgen dann nochmal in eine Werkstatt in der Nähe gefahren, aber die konnten mir leider nicht weiterhelfen mit meinem Warmstartproblem. Der Fehlerspeicher war jedenfalls leer.

Ich beschließe, dass ich das Problem einfach noch ein bisschen ignoriere. Dann muss ich halt alle 600km mal zwangspausen einlegen. Ist auch okay!

Während die Jungs sich mein Auto angeschaut haben, schreibe ich einige Couchsurfing-Anfragen. Die führen allerdings bis zum späten Nachmittag nicht zum Erfolg.

Ich bin ein bisschen Planlos. Letztendendes beschließe ich dann aber, für die kommende Nacht ein Hostel zu nehmen. Im Stadtzentrum erhasche ich das erste Mal einen Blick auf den Kreml, das scheint ja ganz schön imposant zu sein. „Morgen“, denke ich mir.

Das Hostel im Zentrum ist zwar günstig, die Parksituation in der Gegend allerdings untragbar (Etwa 30€ für 24h), sodass ich mir eins weiter draußen aussuche.

Unterwegs werde ich Teil eines Deadlocks an einer Kreuzung und verliere eine gute Stunde im Stadtzentrum, im Stau. Nichts geht mehr. Autos, die von links kommen, werden von den Geradeausfahrern blockiert, die können nicht weiter, weil von rechts zu viel Verkehr kommt, der vom Gegenverkehr blockiert wird, der wiederum seinerseits vor den Autos steht, die von links kommen.

Das passiert auf jeweils sechs Spuren, die von jeder Richtung kommen. Ich stecke mittendrin.

Aber ich hab ja Zeit, nehme die Sache mit Humor und belustige mich ein bisschen über die Leute die furchtbar aggressiv auf die Hupe drücken, denn das hilft bestimmt!!

Irgendwann bin ich dann aber auf der anderen Seite der Kreuzung und kann weiterfahren.

Der Verkehr in Moskau bleibt aber katastrophal, auch auf den zehn(ZEHN-)Spurigen Straßen geht es nur sehr schleppend voran. Das wird aber vor allem an den vielen Menschen liegen, die in Moskau wohnen. Zwölf Millionen!

Ansonsten ist das Stadtbild aber ein sehr angenehmes. Das liegt vor allem an dem Fluss „Moskwa“, der sich mitten durch die Stadt schlängelt und an dessen Flussufer alles wundervoll begrünt und leicht verwildert ist.

Das Hostel, an dem ich dann endlich ankomme, macht keinen guten Eindruck. Schade. Ich beuge mich dem Schicksal, koche erstmal und setze mich nach dem Essen nochmal an Couchsurfing und spamme ein bisschen durch die Gegend.

Die Masse macht’s!

Endlich kriege ich dann eine Zusage von Alexei. Was noch besser ist: Ihm wäre es ganz recht, wenn ich heute schon vorbeikommen würde. Schnell weg hier!

So gegen 21 Uhr komme ich dann bei ihm an und wir trinken erstmal einen Cider und quatschen ein bisschen.
Alexei fährt morgen in aller Frühe zu einer Dropzone zum Skydiven und fragt mich ganz nonchalant, ob ich denn nicht auch Lust hätte, mitzukommen.
Eigentlich wollte ich mir am Samstag ja die Stadt angucken… Aber was soll’s. Ich sage zu. Wer weiß, wann ich das nächste mal so eine Chance bekomme.

Um 04:30 Uhr klingelt der Wecker. Nach einer Kleinigkeit zum Frühstück schwingen wir uns mitsamt Campingequipment ins Auto, gabeln noch einen Freund von Alexei auf und stellen uns in den Stau.

Um 09:30 Uhr sind wir dann endlich angekommen an der Dropzone „Aerograd Kolomna“.

Das ist alles ziemlich beeindrucken hier:

 

Und dann bin ich dran.
Alleine springen darf ich natürlich nicht. Ich melde mich für einen Tandem-Sprung an, mit einem der Trainer vor Ort. Ein bisschen Englisch können die hier alle, das kommt mir sehr entgegen.
Ich unterzeichne noch irgendwelche russischen Papiere. Vermutlich ist mein Körper jetzt Putins Privateigentum, aber wer weiß das schon so genau.
ich bekomme einen Satz Klamotten und jede Menge Gurte umgeschnallt und warte mit den anderen Neulingen auf meinen Tandem-Partner.

Igor!

Igor ist, wie ich später erfahre, einer der besten Springer in Moskau und räumt scheinbar ständig sämtliche Wettbewerbe ab. Mit den drei Brocken englisch, die er spricht, kommen wir auch ganz gut zurecht. Während die ganzen Anderen etwa 20 Minuten Einweisung bekommen, ist meine schon nach 30 Sekunden vorbei und besteht essentiell aus „When I do this, you do that, alright?!“.
Alright!
Ich bin soweit und fast schon ein bisschen ungeduldig. Von hier unten sieht das nämlich schon ziemlich cool aus, was da über uns passiert.
Wir gehen los in Richtung Helikopter. Yeah! Gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Helikopter fliegen und Fallschirmspringen.
Wir heben ab.

Schon ein bisschen ungewohnt, wenn in dem Teil, in dem man völlig ungesichert sitzt ein 2×2-Meter Loch klafft. Gerade dann, wenn besagtes Teil dann langsam aber sicher den Abstand zum Boden auf vier Kilometer vergrößert.

Wir gehen nochmal kurz durch, was wir bereits besprochen haben, ich darf noch einen Blick in die Fahrerkabine werfen, werde an Igor festgeschnallt und los geht’s.
Wir sind das letzte Paar, was rausspringt.
Das erste bisschen Nervosität kommt in der halben Sekunde in der ich Zeit habe, direkt nach unten zu gucken.
Aber zu spät, denn wir fallen schon!
Das Gefühl ist der Wahnsinn. Der Wind rauscht an meinen Ohren vorbei, die Luft wird mir aus der Lunge gezogen und Arme und Beine von sich zu strecken ist fast nicht möglich.
In 50 Sekunden legen wir 2,5 km zurück. Das sind im Durchschnitt 50 Meter pro Sekunde – 180 km/h.

Dann wird der Fallschirm geöffnet und wir bremsen ab.
Igor fliegt noch ein paar Kunststücke mit mir, drückt mir die Leinen in die Hände und sagt „Your turn!“.

Das macht richtig viel Spaß!

Schade nur, dass der ganze Spaß nach wenigen Minuten schon wieder vorbei ist.
Wir landen und zurück bleibt der Gedanke „Ich will das nochmal machen!“

Ein andern mal, dann aber direkt in ordentlich und mit Kurs.
Sonst wird das ganz schnell zu teuer! Ich habe für den Sprung 150€ hingeblättert. Für das erste mal war’s das auch auf jeden Fall wert, wenn ich das nochmal machen würde, gibt’s direkt die AFF Schulung „Accelerated Freefall“. Eine Woche lang alle Basics und am Ende darf man dann alleine Springen.

Den Rest des gerade erst angebrochenen Tages verbringe ich mit Vorbereitung auf den Rest von Russland und ein bisschen Kaukasus. Neben den entsprechenden Reisführern ist mir hier die Seite vom Auswärtigen Amt eine riesen Hilfe. Da erfahre ich zum Beispiel, dass ich in Georgien mit dem Auto maximal 180 Tage bleiben darf und, dass zwischen Armenien und Aserbaidschan die Grenze komplett dicht ist.

Am Abend gehe ich wieder zur Dropzone und schieße noch ein Paar Fotos. Jetzt springt auch mein Host endlich.

Alexei

 

Nach Sonnenuntergang gibt’s noch eine Party, in der der DJ sogar noch schlechter ist, als die Band die vorher gespielt hat. Ich schließe mich einer kleinen internationalen Gruppe an und wir haben einen sehr amüsanten Abend zusammen.

Schade, dass die Visumsdauer so gering ist.