Entschleunigung

…So war zumindest der Plan.
Stattdessen waren die letzten, bald zwei Wochen, so voll mit Erlebnissen, dass ich nicht mal die Zeit hatte Fotos zu sortieren oder zu schreiben. Also hole ich das jetzt nach.

Eines der ersten Dinge, die mir hier in Georgien sehr positiv auffallen ist, dass hier so ziemlich jeder Englisch spricht.
Herrlich!

Nach einer doch relativ frischen Nacht, geht’s für mich erstmal hoch auf 2200 m zur Zminda Sameda, der dekorativen Kirche direkt neben dem Kasbek.

Oben angekommen versuche ich mich ein wenig an Tierfotografie mit der lokalen Pferdefamilie. Das ist aber nur so semi-erfolgreich, da die Tiere total neugierig sind und vor allem das Fohlen meint, meine Kamera sei ein gutes Mittagessen.

Die Kirche selbst ist historisch ganz interessant, früher war hier oben eine ganze Siedlung, inzwischen sieht man nur ein / zwei kleine Ruinen. Die Kirche wird aber bis heute benutzt, wenn auch vor allem als Touristen-Attraktion.

 

Meine Couchsurfing-Anfragen in Stepanzminda (Der Stadt im Tal) bleiben leider unbeantwortet.
Ich schreibe einige Requests für Tbilisi und mache mich letzten Endes auf den Weg in die Stadt.

Die Gegend am Wegesrand ist total schön, wenngleich zu Beginn ziemlich verregnet.
Ich lege eine längere Pause an einem Stausee ein, bei dem lecker gegrilltes Abendessen gibt.

 

Eine knappe Stunde später erreiche ich Tbilisi, Georgiens Hauptstadt. Hier herrscht vor allem Chaos!
Die fünfspurige Einfahrtsstraße besitzt keinerlei Straßenmarkierungen und von links und von rechts sind immer wieder Auffahrten auf die Hauptstraße. Die Leute fahren alle irgendwie, ich hänge mich hinter einen gemütlich Bus und hoffe, dass mich niemand rammt.
Im Stadtzentrum ist das Verkehrschaos noch extremer, ich stehe lange im Stau und bin allgemein ein bisschen verwirrt über die Verkehrsführung.
Mein Ziel heute Abend ist erstmal ein Handyladen, bei dem ich mir eine SIM-Karte besorgen kann. Kurz vor Ladenschluss komme ich dann endlich an und steige leicht gestresst aus dem Auto aus.
„Geocell“ heißt der Anbieter – ich kaufe mir das 15GB Paket für umgerechnet 9€, dann gurke ich ein wenig weiter in Richtung Altstadt.
Einen potentiellen Schlafplatz finde ich am Rand des Mtatsminda-Gebietes und klettere ein paar Meter hoch, wo ich mit einem Panorama über die Stadt belohnt werde.
Hier sticht vor allem die Sameba-Kathedrale heraus, das mit Abstand hellste Gebäude in der Stadt.
Der Rest ist wahlweise unbeleuchtet oder schlichtweg hässlich.

 

Während ich die Fotos schieße, fängt es leider zu regnen an – Ich packe also zügig zusammen und suche einen Weg nach unten.
Bei Couchsurfing habe ich noch immer keine Antwort bekommen, aber immerhin habe ich jemanden gefunden, der mit mir ein Bierchen trinken geht.
Außerdem schreibe ich noch mit Leonardo hin und her, einem Studenten aus Bonn, der hier im Rahmen von Erasmus ein Auslandssemester verbringt.
Die beiden Typen, mit denen ich heute Abend unterwegs bin sind ziemlich seltsam, sodass ich mich relativ zügig verabschiede.

 

Am kommenden Tag bin ich mit Leonardo und ein paar seiner bekannten verabredet (Daniel und Sophie), es geht zu einem der Märkte von Tbilisi, wo wir einen Großen Teil des Tages vertrödeln.
Ich lerne von ein paar lokalen Speisen und entdecke das erste mal die Teig- und Käselastige Küche von Georgien, die mir sehr gut gefällt.

Am Nachmittag entdecke ich einen der Gründe für das Verkehrschaos. Die Hauptstraße ist völlig blockiert von Demonstranten, die vor dem Georgischen Parlament Kundgebungen halten. In Tbilisi wurden im Dezember zwei 16 Jährige Schüler erstochen. Das Gerichtsverfahren wurde gerade geschlossen und scheinbar sind einige der Verdächtigen mit Hilfe von Bestechungsgeldern in Schutz genommen worden.
Die Information sind aber alle so schwammig, dass ich mir nur schwer ein Bild von der Situation machen kann. Quellen auf Georgisch kann ich ja leider nicht lesen.
Mir fällt noch auf, wie friedlich das alles abläuft. Zwar sind rund um das Gebiet sehr, sehr viele Polizisten stationiert, die sind allerdings alle ziemlich gelassen und unterhalten sich an vielen Stellen mit den Demonstranten.

 

Am Abend lädt Daniel noch zu sich nach Hause ein. Daniel ist Ingenieur für die Royal Navi aus England und arbeitet in seinem Job immer im Drei-Monats-Rhythmus. Gerade hat er wieder drei Monate frei und verbringt die Zeit in Georgien.
Sophie ist ebenfalls aus England und sucht in Tbilisi gerade nach Arbeit als Fotografin.
Das Portfolio ist auf jeden Fall beeindruckend, wir tauschen uns ein wenig aus. Der Wein schmeckt gut!

 

Einen Host habe ich immer noch nicht gefunden, noch gebe ich die Hoffnung aber nicht auf und schreibe am nächsten Morgen noch ein paar Anfragen.
Den Tag verbringe ich vor allem in einem Kaffee, in dem ich plane, wo ich denn überall in Georgien hin möchte.

Endlich bekomme ich auch eine Antwort von einem Host. Bahador kommt aus Iran und wohnt mit einem Freund in einer ziemlichen Bruchbude im Norden von Tbilisi.
Die Bruchbude hat eine Couch eine Dusche und eine Waschmaschine, ich bin also ziemlich happy.
Leider kann ich nur eine Nacht bleiben, da die Beiden morgen Gäste erwarten.
Am Abend ziehen wir in Richtung Fabrika, ein ehemaliges Industriegelände, was zur Bar- und Partymeile umgestaltet wurde.
So gegen 3 geht’s wieder zurück – Die Taxifahrt dauert gut 20 Minuten und kostet etwas mehr als 1€.
Morgens unterhalten wir uns noch länger über den Iran, sowohl über die Landschaft und über Orte, die ich besuchen sollte, als auch über die allgemeine politische Situation. Letztere ist der Grund dafür, dass die beiden Jungs jetzt in Georgien wohnen.

 

Inzwischen bin ich den vierten Tag in Tbilisi und habe noch immer nichts so wirklich von der Stadt gesehen. Das soll sich heute ändern, Ich besuche die Walking Tour.

Unser Guide – „Mo“, aus Iran

Eine alte Bäckerei – Hier wird gerade Shotis Puri gemacht

Altstadt

Friedensbrücke

Unterführung unter der Altstadt

Ende der Unterführung

Sameba-Kathedrale

Kunst (?)

Die Gruppe versteht sich so gut, dass wir nach der Tour, gemeinsam mit Mo noch Essen und Trinken gehen.
Marco aus Zürich ist auch mit der Tour mitgelaufen. Gerade verbringt er ein paar Tage in Georgien, normalerweise kümmert er sich um die Abfertigung von Flugzeugen am Züricher Flughafen, also alles, was so zwischen landing und boarding passiert.
Wir verstehen uns ganz gut und weil ich sowieso nicht so super viele Pläne hab, beschließen wir ein paar Tage gemeinsam zu Reisen und Wandern zu gehen.
Außerdem greife ich noch einen Kontakt zu einem Indischen Pärchen ab, die gerade in Dubai leben.

 

Das Ziel von Marco und mir am nächsten Tag ist Stepanzminda. Da komme ich zwar gerade her, aber die 150 Kilometer kann ich gerne doppelt fahren. Immerhin habe ich ja jetzt einen Plan.

Unterwegs machen wir noch einen Abstecher zur Burgruine Ananuri.

 

Es geht ereignisvoll weiter, die nächsten paar Tage packe ich aber in den nächsten Beitrag!