5.047m ist der Berg hoch – und da will ich rauf!
Aber nicht alleine. Luiza hat ein bisschen mehr Erfahrung und wir sind an einem Donnerstag morgen in Stepantzminda verabredet, der kleinen, wahnsinnig touristischen Stadt am Fuß des Berges.
Ich bin zwar schon auf gut 3.000m, da wir aber einiges an equipment brauchen, geht’s für mich an einem wunderbar sonnigen Morgen los ins 1.300m niedriger gelegene Tal.
Eine gute Stunde später bin ich unten und wir gehen gemeinsam zwei Outdoor-shops abklappern, die uns das entsprechende Equipment ausleihen können: Steigeisen, Klettergurte, Eisäxte, Seil und Helme.
Um auf den Gipfel zu kommen muss man über einen Gletscher Wandern, mit jeder Menge tückischer Gletscherspalten, die dank dem Schnee völlig unsichtbar sind. Entsprechende Absicherung ist also Pflicht!
Heute soll außerdem ein weiterer Helikopterflug stattfinden, wir können theoretisch mitfliegen.
Für 16 Uhr sind wir mit dem Team verabredet. Bis dahin hängen wir eine Weile in dem Verleih und danach neben dem Landeplatz herum.
Außer dem Rettungshelikopter ist aber weit und breit nichts zu sehen. Um 17 Uhr horche ich nochmal nach, stellt sich heraus, das Team steckt im Verkehr und wird heute definitiv nicht mehr fliegen.
Schade!
Weil mein gesamtes Equipment auf der Hütte ist, ist Zelten auch keine Option. Wir starten also viel zu spät mit dem Aufstieg in Richtung Altihut und sind um kurz vor 22 Uhr an der Hütte.
Die letzte Stunde haben wir in kompletter Dunkelheit zurücklegen müssen, entsprechend froh sind wir, als wir endlich ankommen!
Am kommenden Tag kommt dann auch der Helikopter und Luiza hilft uns noch beim Ausladen und tragen von dem ganzen Krempel, bevor wir uns am Abend auf machen, in Richtung Black-Cross-Camp.
Der erste Teil vom Gletscher ist noch völlig problemlos ohne Steigeisen begehbar, hier liegt inzwischen kein Schnee mehr und das Eis ist rau genug, dass man sehr guten Grip hat.
Gute zwei Stunden sind wir von der Altihut bis zur Meteo-Station, auf 3.650m unterwegs. Von hier starten die meisten Gipfeltouren. Unser Ziel ist aber ein bisschen höher, auf 3.850m. Wir sind wieder auf Steinen und Geröll am wandern, die richtige Gletscherbegehung startet erst bei 4.200m.
Unterwegs können wir immer mehr vom Gletscher sehen, der sich wie ein Schal um den Berg wickelt.
Kurz vor Sonnenuntergang sind wir am Camp. Wir schlagen das Zelt auf, Kochen schnell was und legen uns dann hin. Morgen klingelt um zwei Uhr der Wecker.
02:00 Uhr: Ein verschlafener Blick aus dem Zelt verspricht nichts gutes. Etwas unterhalb von uns braut sich ein Gewitter zusammen. Wir beschließen noch etwas zu warten schauen uns die Wolken eine Stunde später noch mal an. Das Gewitter kommt näher.
Wir haben glücklicherweise genug Zeit mitgebracht und beschließen, diese Nacht nicht aufzubrechen. Stattdessen geht es zurück in den warmen Schlafsack. Knapp unter 0° sind es hier.
Den nächsten Tag verbringen wir mehr oder minder ausschließlich im Zelt. Tagsüber soll man hier die Besteigung nicht angehen, gegen Nachmittag schmilzt der Schnee über den Gletscherspalten und verwandelt die sicheren Brücken in gefährliche Fallen.
Den halben Tag schneit es heute. Als es am Abend endlich aufhört, laufen wir gemeinsam zur zweiten Gletscherhälfte. Unterwegs merke ich das erste mal die Höhe. Das bekannte Gefühl vom Elbrus schleicht sich wieder ein.
Zum Glück bleibt das Gefühl sehr mild und wir erreichen kurz vor Einbruch der Dunkelheit unser Ziel für den Abend.
Im Dunkeln geht es zurück zum Zelt, für morgen wird der Wecker ein bisschen früher gestellt, schließlich hatten wir mehr als genug Ruhe heute.
19.08., 01:30 Uhr: Der Himmel ist klar, nur ein paar Wolken können wir im Tal erhaschen.
Frühstück, ausgiebig! Immerhin wollen wir gleich 1.200m nach oben laufen.
Um kurz vor drei ist alles gepackt, Helm und Klettergurte sind schon angelegt.
Los geht’s!
Zwei Stunden brauchen wir bis zum Gletscher. Wir sind aktuell die ersten, hinter uns kann man 13 Stirnlampen zählen.
Am Gletscher warten wir eine kurze Weile und lassen der größten Gruppe den Vortritt. Die haben einen Bergführer dabei, der kennt die Spalten und tückischen stellen.
Bevor es aber wirklich losgeht, wird sich zuerst angeseilt.
Von der Höhe merke ich heute nichts, ich bin satt und topfit, perfekte Bedingungen. Luiza geht es ähnlich gut. Die nächsten zwei Stunden laufen problemlos, wir folgen stets der Gruppe, die sich vor uns befindet.
Dann sind die uns aber doch zu langsam und wir überholen. Die kritischen Stellen liegen inzwischen hinter uns, dafür liegt ein wirklich steiler Berghang direkt vor uns.
Eine kleine Gruppe Russen ist noch vor uns, die laufen ein ähnliches Tempo. Für diese zweite Hälfte vom Aufstieg schließen wir uns den drei Jungs an.
Aktuell ist es leider sehr nebelig, was den Aufstieg deutlich erschwert. Um kurz vor neun erreichen wir aber endlich das Plateau auf 4.880m, zwischen dem Ost- und dem Westgipfel. Der Nebel hat sich inzwischen auch verabschiedet und wir können erste fantastische Blicke nach Norden und Süden werfen.
Nach kurzer Pause wird dann für die letzten 170m Vollgas gegeben.
09:30 Uhr: endlich sind wir oben! 5.047m!
Für mich ein neuer persönlicher Rekord und ein unbeschreiblich tolles Gefühl!
Für ein paar Minuten ist es fast Windstill und wir bleiben eine halbe Stunde hier oben, bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen.
Für mich geht es nur zur Altihut, Luiza muss heute noch komplett ins Tal. Sportlich!
Auf dem Rückweg können wir auch die ganzen Gletscherspalten ordentlich erkennen. Gut, dass wir einer anderen Gruppe hinterhergelaufen sind!
Zurück am Zelt sind wir gegen zwölf. Wir packen zügig ein und freuen uns schon auf eine große Menge Essen in der Altihut.
Die ganze Aktion ist für mich eine fantastische, neue Erinnerung, die ich mit Sicherheit noch sehr lange bewahren werde.