Baku und Umgebung

Irgendwann am Nachmittag komme ich in Baku an. Baku ist riesig! Mich beschleicht schon wieder so ein Istanbul / Moskau Gefühl – Dabei hat die Stadt „nur“ 2,2 Mio. Einwohner. Die Dunkelziffer ist aber wohl erheblich höher.
Entsprechend überrascht bin ich über den wirklich erstaunlich gut fließenden Verkehr. Immerhin das mit der Infrastruktur haben die Georgiens Hauptstadt deutlich voraus.

Dank meiner völlig abwesenden Vorbereitung bin ich wie immer ein bisschen Orientierungslos. Meine erste Amtshandlung ist aber auf jeden Fall der Kauf einer SIM Karte. Wie sich herausstellt dürfen Ausländer hier im Sondertarif Surfen. Besonders teuer. Die zwei großen Anbieter tun sich dabei nix in Punkto Preis, dennoch ist das hier mit 1 €/GB immer noch günstiger als in Deutschland. Immerhin.

Für die erste Nacht buche ich mir ein Hostel, danach möchte ich mit Couchsurfing einen Schlafplatz finden. Am Abend treffe ich mich noch mit ein paar anderen Couchsurfern auf ein paar Bier, morgen will ich die Stadt ein bisschen erkunden.

So wirklich setze ich meinen Plan erst am Abend in die Tat um. Vorher darf ich meinen Kater auskurieren und einige Couchsurfing Requests schreiben. Vielleicht war das das ein oder andere Bier zu viel gestern Abend. Bei 1 € für 0,5L frisch gezapftem ist das auch schwierig auf die nächste Runde zu Verzichten. Immerhin mein Budget freut sich hier – günstig ist hier nämlich wirklich alles!

Am Abend verschlägt es mich in die Altstadt. Durch einen dummen Fehler meinerseits habe ich relativ viel Schmutz auf meinem Sensor, sodass ich mich mit den Fotos ein wenig zurückhalte.

Durch Zufall entdecke ich, dass es in wenigen Minuten einen Überflug von der ISS gibt. Vielleicht erwische ich die ja mit meinem Tele. Der Versuch gelingt mir eher so semi-gut. 300mm sind doch bedeutend zu wenig für den Satelliten.

ISS (oben) und Mars (Unten) – 22.09., 19:19

 

Da hier immer noch keine neue Zeitzone ist, geht hier übrigens bereits um 18:30 Uhr die Sonne unter. Bei den gut 25°C passt das nicht so ganz mit meinem Biorhythmus zusammen, der entsprechend verwirrt ist. Den Abend verbringe ich in einem sehr schönen Café mit Livemusik und schreibe ein bisschen und sortiere Fotos.

Am nächsten Tag möchte ich mir mal die Boulderhalle anschauen – „Climbaku“. Vor Ort stelle ich fest, dass meine Ausrüstung offenbar fehlt. Scheiße! Schuhe, Chalk und Hose sind nirgends aufzufinden.
Ich werde ein bisschen panisch und forsche ein wenig in meinen Erinnerungen, wo die Sachen denn sein könnten. Vor ein paar Tagen war ich in Tbilisi in der Halle und danach noch für eine Nacht im Hostel. Die Sachen sollten demnach hoffentlich an einem der beiden Orte sein.
Ich schreibe die beiden an und hoffe auf baldige Antwort.

Das Klettern ist auf jeden Fall erstmal gestorben.
Mein zweites To Do für Heute ist Sensorreinigung. Mal sehen, ob sich das in die Tat umsetzen lässt. Fotogeschäfte gibt es hier auf jeden Fall deutlich mehr, als Kletter-Ausrüstungsläden (etwa im Verhältnis 1.000 zu 0).
In dem erstbesten Geschäft kann mir sogar schon geholfen werden und ich bekomme die Adresse für ein Service-Geschäft, was genau das anbietet. Wunderbar!
Darum kümmere ich mich heute aber nicht mehr. Stattdessen führt mich mein Weg zu Rovshan – meinem Host für Heute und Morgen.

Rovshan Ist Psychologe, schreibt gerade an seinem Doktor und ein wirklich spannender und netter Mensch. Ich lerne viel über die Stadt und das Land und wir pflegen ausgesprochen spannende Diskussionen. Intelligente Menschen sind doch immer wieder eine Bereicherung!
Außerdem lerne ich so die Kneipen und Cafés kennen, die zwar ein bisschen ab vom Schuss, aber dafür deutlich gemütlicher und zudem nochmal günstiger sind.

Leider bleibt das Vergnügen insgesamt ein kurzes.
Zwei Nächte möchte ich noch in Baku bleiben. Inzwischen kann ich mich hier auch ganz gut orientieren, trotzdem steht auf meinem Plan nach wie vor eine Walking-Tour und ein bisschen Planung. Letzteres habe ich nämlich immer noch nicht gemacht.

 

Den nächsten Abend geht es wieder mit einer bunten Truppe in die Innenstadt (2 Engländer, 2 Deutsche), das Bier fließt gewohnt gut. Baku ist wirklich nicht Gesund für die Leber, aber hey, ich hab Spaß!

Leicht verkatert laufe ich am nächsten Morgen los zur Tour. So wenig Leute habe ich noch nie auf einer solchen Tour gesehen. Wir waren zu viert. Ich erinnere mich an Helsinki, da waren gut 150 Leute.
Entsprechend gemütlich ist die Tour aber. Mit frisch gereinigtem Sensor macht das Fotografieren auch gleich doppelt so viel Spaß – auch wenn sich nicht allzu viele Gelegenheiten bieten.

Abends geht’s – wer hätte das gedacht – in eine Bar. Diesmal mit Live-Jazz und einem netten Mädchen als Begleitung. Der Abend ist entsprechend entspannt.

 

Viel passiert am nächsten Tag nicht. Vor allem Plane ich endlich meine nächsten Ziele in Azerbaidjan. Der Reiseführer und Wikivoyage bestätigen allerdings meine Vermutung, dass es in dem Land nicht so unendlich viel zu tun gibt. Dann passt mein bisher sehr entspanntes Tempo ja ganz gut.
Den letzten Abend verbringe ich ein wenig außerhalb vom Zentrum, vor allem um eine Nachtaufnahme von der Stadt aufzufangen.

Am nächsten Morgen geht’s raus aus Baku!
Zu erst in Richtung Osten und vorbei am beeindruckenden Rathaus von Baku.

Und dann weiter zum Ateshgah, einem alten Feuertempel, der seinerzeit von Hindus und Sikhs benutzt wurde. Die Anlage trägt den Namen Feuertempel, weil hier schon früher natürliches Gas endlos aus dem Boden gekommen ist und seither ewige Feuer brennen. Inzwischen wird das Erdgas hier durch einige Rohre etwas gezielter aus dem Boden geleitet und das Gelände wird als reinste Touristenattraktion ausgeschlachtet. Für das Foto musste ich erstmal gute 20 Minuten warten, bis die Busladungen wieder abgezogen sind und nur noch ein paar Alleinreisende hier waren.

 

Im Anschluss fahre ich noch ein paar andere Sehenswürdigkeiten in der Umgebung an.

Was mich unterwegs wirklich beeindruckt sind die Ölfelder, die ich zu Gesicht bekomme. Damit meine ich keine Seen voll Öl, sondern riesige Felder, die voll sind mit kleinen Öltürmen, die sich bis zum Horizont erstrecken. Ein guter Teil von den völlig heruntergekommenen Pumpen ist auch noch sichtlich in Betrieb. Der ganze Anblick ist ein bisschen surreal und ein krasser Kontrast, zu der nur wenige Kilometer hinter mir liegenden Metropole.

Der Weg führt mich weiter nach Yanar Dag, einem kleinen Felsvorsprung im Norden von Baku, aus dem einiges an natürlichem Gas entweicht und fröhlich vor sich hin lodert.
Das sehe ich zum ersten mal in der Form und mir wird jetzt auch klar, warum Azerbaidjan sich das „Land des Feuers“ nennt.

Beeindruckt fahre ich weiter in Richtung Südwesten, zu den Schlammvulkanen von Gobustan. Ich komme am Abend an und bin wundersamerweise der Einzige hier oben. Auf einem kleinen Plateau, 50km von Baku entfernt, blubbern hier einige große und kleine Krater gemütlich vor sich hin. Ich habe meinen Campingplatz für heute Nacht auf jeden Fall gefunden.

Fast den ganzen nächsten Tag verschwende ich hier oben. Heute will ich noch runter in den Süden, den kleinen Kaukasus besuchen und danach geht’s hoch in den Norden, zum großen Kaukasus. Gut 20 Tage habe ich noch im Land, also keinerlei Grund mich zu hetzen. Sehr schön. Ist ja fast wie Urlaub!